- Presley: Der King of Rock 'n' Roll
- Presley: Der King of Rock 'n' RollElvis Presley, geboren 1935 in Tupelo, Mississippi, wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Mit der Veröffentlichung seiner ersten Single bei Sun Records, »That's all right, mama«/»Blue moon of Kentucky« (1954), die weithin als die Geburtsstunde des Rock 'n' Roll angesehen wird, begann eine so traumhafte wie einzigartige Karriere. Schon 1956, als RCA den jungen Sänger unter Vertrag nahm, war er in den USA ein Star. Sein Massenappeal und die so cleveren wie rigorosen Vermarktungsstrategien seines Managers Colonel Parker sorgten dafür, dass der Name Elvis bald in aller Munde war und für seine erste LP (1956) bereits vor ihrem Erscheinen über 350 000 Vorbestellungen vorlagen. Auf dem frühen Höhepunkt seiner Popularität begann er, als Schauspieler zu arbeiten und seine Musik ausschließlich über Filme und die dazugehörigen Soundtracks zu veröffentlichen, um 1968 ein fulminantes Bühnencomeback zu feiern. In den folgenden »Konzertjahren« präsentierte sich der »King of Rock 'n' Roll« wieder als mitreißender Entertainer und gereifter, großer Sänger. Sein früher Tod am 16. August 1977 löste weltweit große Trauer aus.Jugend, erste künstlerische Schritte und Sun RecordsElvis Aaron Presley erblickte am 8. Januar 1935 in Tupelo, Mississippi, als Kind von Vernon (* 1916) und Gladys Presley (* 1912) das Licht der Welt. Ein Zwillingsbruder, Jessie Garon, starb bei der Geburt, so wuchs Elvis als Einzelkind auf. In den Südstaaten der USA herrschte damals die große Wirtschaftskrise — insbesondere Tupelo war stark betroffen —, und die Familie Presley lebte am Rande des Existenzminimums. Elvis sammelte im Kirchenchor der Pfingstler-Gemeinde erste musikalische Erfahrungen, trat im Alter von zehn Jahren das erste Mal öffentlich auf und gewann bei einem Gesangswettbewerb, der im Rahmen der Mississippi-Alabama-Feier stattfand, mit dem Lied »Old shep« den zweiten Preis. Kurze Zeit später schenkte ihm seine Mutter seine erste Gitarre, und Elvis konnte ab da noch besser das imitieren, was er in der Kirche und im Radio hörte: Spirituals und Gospelmusik, Blues und Country. 1948 übersiedelte die Familie Presley — auf der Suche nach Arbeit — nach Memphis im Bundesstaat Tennessee. Elvis besuchte dort die Humes High School, fand 1950 einen Job als Platzanweiser in einem Kino, trat im selben Jahr bei der Schulweihnachtsfeier mit zwei Liedern auf, und begann 1953 nach seinem Schulabschluss in einer Werkzeugfabrik, später dann bei der Crown Electric Company als Fahrer zu arbeiten. Mittlerweile kleidete er sich auffallend, trug verhältnismäßig langes Haar, ließ sich Koteletten wachsen und hatte immer eine Gitarre bei sich. Im Sommer 1953 nahm er als spätes Geburtstagsgeschenk für seine Mutter beim Memphis Recording Service für 4 Dollar eine Single mit den Stücken »My happiness« und »That's when your heartaches begin« auf. Das Aufnahmestudio gehörte Sam Phillips, einem Weißen, der sein Geld damit verdiente, dass er mit schwarzen Künstlern Musik produzierte und entweder auf dem hauseigenen Label Sun Records veröffentlichte oder nach Chicago an die großen Plattenfirmen verkaufte. Die ersten Aufnahmen mit Elvis betreute jedoch Marion Keisker, die Büro- und Studioassistentin von Phillips. Sie war von dem eigenartigen jungen Sänger beeindruckt und erzählte ihrem Chef von ihm. Als Elvis im Januar 1954 erneut im Studio auftauchte, um weitere Songs aufzunehmen, war Phillips anwesend. Er hatte schon lange nach jemandem gesucht, der eine weiße Hautfarbe hatte und wie ein Schwarzer klang, und lud Elvis zu Plattenaufnahmen ein. Der von Phillips vorgesehene Titel »Without you« wollte jedoch nicht gelingen, deshalb ließ Phillips seine Neuentdeckung gemeinsam mit zwei hinzugezogenen Studiomusikern, dem Gitarristen Scotty Moore und dem Bassisten Bill Black, verschiedene andere Stilrichtungen probieren. Am 5. Juli 1954, gegen Ende einer anstrengenden Session, fanden sich die drei jungen Männer in einer schnellen Version von »That's all right« wieder, einer Nummer, die Phillips ein paar Jahre zuvor mit dem schwarzen Bluessänger Arthur »Big Boy« Crudup produziert hatte. Phillips horchte auf und schaltete das Band an — ihm war klar, dass dies der lang ersehnte Hit war. Der DJ Dewey Phillips spielte das Stück einige Tage später in einer lokalen Radiosendung, die normalerweise nur schwarze Musik brachte, und bevor die Single am 19. Juli 1954 in die Läden kam, lagen bereits 7 000 Vorbestellungen vor. Die B-Seite, »Blue moon of Kentucky«, ein energisch gespielter Country-Song, erreichte Ende Juli die Spitze der Memphis Country-Charts. Im Zug dieses Erfolgs und um die Platte zu bewerben, begannen Elvis, der bald den Spitznamen »The Hillbilly cat« trug, Scotty und Bill gemeinsam aufzutreten (etwas später wurde die Band um den Trommler D. J. Fontana erweitert). Es folgten weitere Singles, von denen die fünfte, »I forgot to remember to forget«, im Dezember 1955 die erste nationale (das heißt USA-weite) Nr. 1 der Country-Charts wurde.Die Thronbesteigung des »King of Rock 'n' Roll«Die frühen Jahre der beginnenden Wahnsinnskarriere waren ausschlaggebend für das, was folgen sollte, denn Elvis war nicht nur ein fotogener Junge und versierter Sänger, der sich — narzisstisch und selbstsicher — bereits von Natur aus als Star fühlte. Mit seinem sendungsbewussten, körperbetonten Auftreten zu wilder Musik, wie sie das »weiße« Amerika bisher nur von den »Schwarzen« kannte, und einem daraus erwachsenden riesigen Massenappeal (kreischende Mädchen und tobende Säle) erregte er das Missfallen der puritanisch-bigotten Sittenwächter und Moralhüter und damit auch verstärkt das Interesse einer riesigen Öffentlichkeit. Elvis verkörperte zwei Dinge, die im Amerika der damaligen Zeit absolut tabu waren: die Überwindung der Rassentrennung und öffentlich zur Schau getragene Erotik, und er war damit eine Gefahr für die Staatssicherheit. Der große Medienrummel um den jungen Sänger erweckte 1955 auch das Interesse von Colonel Tom Parker, einem halbseidenen Geschäftsmann, der bald die Geschäfte des Shootingstars übernahm (auf der Basis 50:50). Anfang 1956 vermittelte Parker den Wechsel von Elvis zu RCA, einer der damals größten Plattenfirmen der USA. Sam Phillips akzeptierte die — für heutige Verhältnisse und angesichts der baldigen Riesenumsätze — lächerliche Ablösesumme von 35 000 Dollar, doch er wusste, dass Elvis für ihn einfach zu groß wurde. Bereits im Mai 1956 erreichte die erste Single für RCA, »Heartbreak hotel«, die Spitzenpositionen in den Pop- und Country-Charts, in den »schwarzen« R'B-Charts schaffte sie es bis auf Platz 5 (für einen weißen Sänger etwas absolut Ungewöhnliches). Für die erste Elvis-LP lagen im selben Monat über 350 000 Vorbestellungen vor (in dieser Höhe nie zuvor da gewesen), und mit »I want you, I need you, I love you«, »My baby left me«, »Hound dog«, »Don't be cruel« und »Love me tender« jagte 1956 ein Hit den anderen. Im Herbst des Jahres trat Elvis mehrmals in populären Fernsehsendungen auf, unter anderem in der »Ed Sullivan Show«, die von über 50 Millionen Amerikanern gesehen wurde: Der junge Star mit dem neuen Spitznamen »Elvis, the pelvis« (= das Becken) wurde nur von der Hüfte an aufwärts gezeigt, so sehr fürchtete man seinen »obszönen« Tanzstil und dessen schlechten Einfluss auf die Jugend. Am Jahresende war nicht nur der Rock 'n' Roll als feste Größe im amerikanischen Showbusiness etabliert, die demokratischen USA hatten auch ihren ersten, selbst gewählten König: Elvis Presley, den »King of Rock 'n' Roll«.Neue Interessen, Army und HollywoodDoch der King begann bereits 1956, sich um andere Dinge als nur den Rock 'n' Roll zu kümmern. In dem Hollywoodfilm »The Reno Brothers« (später umbenannt in »Love me tender«) übernahm er eine Rolle und legte den Grundstein für seine bald intensiv einsetzende Karriere als Schauspieler. 1957 nahm er neben Rock-«n«-Roll-Hits wie »All shook up«, »(Let me be) Your teddybear« oder »Jailhouse Rock« die Gospel-EP »Peace in the valley« sowie das »Christmas Album«, eine Platte mit Weihnachtsliedern, auf, was von Rock 'n' Roll-Puristen als Anbiederung an das konservative, ältere Publikum gewertet wurde, letzten Endes aber nur dem Umstand entsprach, dass Elvis seit jeher eine große Vorliebe für die religiöse Musik der Afroamerikaner und traditionelles Liedgut gehabt hatte bzw. damit aufgewachsen war. Weitere Filme, »Running wild« und »Jailhouse Rock«, kamen 1957 in die Kinos, und Elvis war in der Lage, in Memphis für 102 500 Dollar das Anwesen zu kaufen, das sein legendärer Wohnsitz wurde und bis heute der Wallfahrtsort seiner Anhänger ist — Graceland. Es sei dahingestellt, ob das, was folgte, als cleverer Marketingschachzug oder die Erfüllung einer patriotischen Pflicht eingeschätzt werden muss: Elvis ging 1958 zur US Army, ließ sich — ein Medienspektakel! — die Haare und Koteletten abrasieren, erhielt 78 Dollar Sold pro Monat und wurde, unmittelbar nach dem überraschenden Tod seiner Mutter am 14. August, in Friedberg bei Frankfurt am Main stationiert. Seine Ankunft in Bremerhaven wurde von einer mittlerweile auch in Deutschland riesigen Fangemeinde gefeiert. Während der Dienstzeit, die bis Anfang 1960 dauerte und in deren Verlauf das Elvis-Fieber mit Hits wie »One night«, »I got stung« und »A big hunk o«love« geschürt wurde, lernte er in Wiesbaden die vierzehnjährige Priscilla Beaulieu, seine spätere Frau, kennen. Zurück in der Heimat nahm Elvis die Arbeit eines Rock- und Filmstars wieder auf, wenngleich er auf Livekonzerte ab nun verzichtete. Die über dreißig Filme, die bis 1969 folgten, waren vom künstlerischen Standpunkt aus weitgehend unbedeutend, doch sie erwiesen sich als das ideale Medium, um ein immenses, Elvis-süchtiges Publikum mit seinen Songs zu bombardieren und doppelt zu kassieren: an der Kinokasse und im Plattenladen. Zu jedem Film gab es Hits, die auf LPs mit durchschnittlichem Füllmaterial veröffentlicht wurden, und obwohl das Publikum ins Unermessliche wuchs, Elvis zum Mythos, einer Ikone des »american way of life«, wurde und mit »it's now or never« sowie »Are you lonesome tonight« 1960 zwei seiner größten Hits überhaupt hatte, wurde er — der ehemalige Rebell und Rockpionier — als Künstler immer weniger ernst genommen. (Von John Lennon stammt der berühmte Kommentar zu Elvis' Tod 1977: »Elvis ist bereits gestorben, als er zur Army ging.«)Comeback, Konzertjahre und EndeDoch es zuckte noch. Am 8. Dezember 1968 absolvierte Elvis sein legendäres NBC-Special, eine alle Zuschauerrekorde brechende Fernsehshow, und bewies in schwarzer Lederkluft und mit grandiosem Musikprogramm, dass er noch längst nicht zum alten Eisen gehörte. Die überwältigenden Reaktionen von Presse und Zuschauern bewogen ihn, eine Rückkehr auch auf die Konzertbühnen zu unternehmen. Im März 1969 drehte er mit »Change of habit« seinen letzten Spielfilm, und im Juli gab er zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder ein Konzert, und zwar in Las Vegas im »International Hotel«. Eine US-Tournee geriet zum Triumphzug, und für alle, die keine Karten bekamen (und das waren viele), wurden zwei Tourdokumentationen nachgeschoben und in die Kinos gebracht (1970 »That's the way it is«, 1972 »Elvis on tour«). Mit »In the ghetto« und »Suspicious minds«, den Supersingles der Jahre 1969/70, bewies Elvis, dass er noch immer das Zeug zum Charttopper hatte. Die Siebzigerjahre waren indes von Liveauftritten geprägt, und diese (letzte) Phase seiner Karriere wird gern mit »die Konzertjahre« bezeichnet. 1973 kam es zur weltweiten Ausstrahlung des »Aloha from Hawaii«-Specials, das mit circa 1 Milliarde Zuschauern, mehr als einem Viertel der damaligen Erdbevölkerung, wieder alles bislang da Gewesene übertraf. Der als Doppel-LP veröffentlichte gleichnamige Konzertmitschnitt war Elvis« erstes Nr.-1-Album seit neun Jahren — und gleichzeitig sein letztes. Nach der Scheidung von Priscilla im Februar 1972 war Elvis ein gebrochener, einsamer Mann, der sich, wenn er nicht auf der Bühne irgendeines Nobelhotels stand und begleitet von Bigband und Chor seine Hits zum Besten gab, in Graceland wie in einer Festung verschanzte, von seiner aus Freunden bestehenden, die »Memphis-Mafia« genannten Kleinfamilie hofiert und tablettenabhängig wurde und durch eine ungezügelte Esssucht ein unförmiges Äußeres gewann. Am 16. August 1977 starb Elvis 42-jährig an Herzversagen.A King foreverDie Nachricht löste weltweit große Trauer aus, Fans waren geschockt und belagerten den Eingang zu Graceland, und Elvis« Tod wurde wie der von John F. Kennedy und Martin Luther King — wenngleich auf einer völlig anderen Ebene — als tragischer Einschnitt und Ende einer eigenen Epoche empfunden. Elvis, zu Lebzeiten der uneingeschränkte »King of Rock 'n' Roll«, erhielt nach seinem frühen Ende aufgrund seiner künstlerischen Arbeit und der damit einhergehenden kulturellen Bedeutung von seinen Verehrern den Titel »A king forever« verliehen — ein König für alle Zeiten. Sein musikalisches Vermächtnis ist nichts Geringeres als die gesamte Geschichte der Rockmusik, die mit ihm begann. Sein Gesangsstil war einzigartig, und er konnte jeden noch so durchschnittlichen Song mit einem schier unendlichen Einfallsreichtum zu einem großen Ereignis gestalten. Elvis war auch bereits zu Lebzeiten eine derart eindeutige und prägnante Figur, dass er nicht nur zur Institution wurde, sondern gleichzeitig auch wie eine Art Karikatur wirkte. Die bis in die Gegenwart in aller Welt auftretenden Elvis-Imitatoren, die es bereits in den Siebzigerjahren gab, erwuchsen aus genau diesem Umstand (Gerüchten zufolge hat Presley einmal inkognito an einem derartigen Imitatorenwettbewerb teilgenommen und — Ironie des Schicksals — den zweiten Preis gewonnen). Doch auch von den ernsthaften« nachfolgenden Sängern und Sängerinnen kam keiner an Künstler und Ikone gleichermaßen vorbei. Nach seinem Tod schnellten die Schallplattenverkäufe in die Höhe (genauso wie das von Graceland aus betriebene Merchandising), und in den Neunzigerjahren wurde er mit insgesamt über 1,6 Milliarden verkauften Tonträgern von der amerikanischen Plattenindustrie als »Greatest Selling Recording Artist of All Times« gekürt. Am 8. Januar 2000 hätte Elvis das Rentenalter erreicht: Anlässlich seines 65. Geburtstages wurde ein Multimediaevent auf Welttournee geschickt, in dem Elvis auf Videoleinwand projiziert und von seinem altbewährten, jetzt - nach seinem Motto »Taking care of business« - TCB-Band genannten Orchester live begleitet wurde.The complete Sun sessions (1987)The legend begins (1992)The all time greatest hits (1992)The king of rock«n«roll. The complete 50«s masters (1992)From Nashville to Memphis. The essential 60«s masters (1993)Elvis Gold. The very best of the King (1995)Platinum. A life in music (1997)Artist of the century (1999)Filme (Auswahl)Love me tender (Pulverdampf und heiße Lieder; 1956)Jailhouse Rock (Rhythmus hinter Gittern; 1957)Flaming Star (Flammender Stern; 1960)Kid Galahad (1962)That's the way it is (1970; Dokumentation)Elvis on Tour (1972; Dokumentation)Roy Carr und Mick Farren: Elvis. The illustrated record. London 1982.Peter Harry Brown und Pat H. Broeske: Elvis. Die Biographie. Aus dem Amerikanischen. Stuttgart 1997.Marvin Israel:Elvis Presley 1956. Photographien, herausgegeben von Martin Harrison. Aus dem Amerikanischen. München 1998.Ernst Jorgensen: Elvis Presley. A life in music. The complete recording sessions. New York 1998.Erika Doss: Elvis culture. Fans, faith & image. Lawrence, Kan., 1999.Peter Guralnick und Ernst Jorgensen: Elvis day by day. The definite record of his life and music. New York 1999.Greil Marcus: Mystery train. Rock 'n' Roll und amerikanische Kultur. Aus dem Amerikanischen. Taschenbuchausgabe Berlin 1999.Dafydd Rees und Luke Crampton: Rock stars encyclopedia. Neuausgabe London 1999.
Universal-Lexikon. 2012.